Per Du mit der Natur – Ein Tag mit Naturparkführerin Rita Landau
Dass Rita Landau einmal Naturführerin im Naturpark Nassau werden würde, zeichnete sich eigentlich schon ab, als sie noch ein junges Mädchen war. Geboren im Gelbachtal, dessen namensgebendes Bächlein schließlich in die Lahn fließt, tat sie nichts lieber, als durch Wälder und Wiesen zu streifen: „Mein ‚Glück‘ war, dass meine Eltern wenig Zeit hatten,“ erinnert sich die heute 55-Jährige. „So wuchs ich sehr frei auf und verbrachte die meisten Zeit mit meinen Freunden draußen, im Naturpark Nassau. Unsere einzige Regel: Wenn die Glocken im Nachbarort läuteten oder die Dunkelheit hereinbrach, mussten wir zuhause sein.“
Wie gut, dass ihre Eltern nicht alles wussten! Sonst hätten sie sich sicherlich Sorgen gemacht. Denn Rita kletterte auch auf ehemaligen Schutthalden des Bergbaus herum – kein ganz ungefährliches Unterfangen. Glücklicherweise kam sie, die Taschen voller Katzengold, stets unversehrt wieder nach Hause.
Und ihre Naturverbundenheit ist geblieben: Heute lebt Rita Landau in einem kleinen Jagdhaus bei Dörnberg mitten im Wald. Das urige Anwesen entdeckte sie per Zufall: „In den 70er Jahren fuhr mein Vater die Post aus, und ich durfte ihn dabei oft begleiten. Schon damals hatte ich eine Vorliebe für alleinstehende, besondere Häuser. Mein jetziges Zuhause entdeckte ich dann vor etwa 25 Jahren bei einem Spaziergang mit dem Hund. Und als ich vor zwei Jahren zufällig erfuhr, dass es zum Verkauf stand, schlug ich zu.“
Den Kauf hat die Naturliebhaberin mit dem markanten Lockenkopf keine Sekunde bereut: Wo manche die Einsamkeit des Waldes fürchten, kann sie nur Positives entdecken. „Wir teilen uns unser Grundstück mit einem Marder, mit Waschbären, Uhus, Käuzchen, Eidechsen und manchmal auch einer Rotte Wildschweinen. So nah an der Natur zu sein, ist für mich einfach unbezahlbar!“
Landaus Liebe zur Schöpfung überträgt sich auch auf ihre Gäste. Vier- bis fünfmal pro Jahr bietet die vom BANU (Bundesweiter Arbeitskreis der staatlich getragenen Bildungsstätten im Natur- und Umweltschutz) zertifizierte Naturführerin über ihre Website offene Wanderungen gegen eine kleine Spende an. Zudem können auf Anfrage auch individuelle Touren vereinbart werden. Das Themenspektrum ist dabei weit gefächert: von der „Laternenwanderung mit Wintermärchen“ in der dunklen Jahreszeit über „Der Wald im Wandel“ und „Wüchsige Kräuter mit Rezepten“ bis hin zu „Der gefährliche Weg von Karla Kröte zum Teich“ für Kinder und Familien.
Das „Steckenpferd“ der engagierten Tierliebhaberin ist jedoch die vom Aussterben bedrohte europäische Wildkatze. Auf den Spuren des „Phantoms der Wälder“ können Wanderer von der offiziellen Wildkatzenbotschafterin jede Menge Wissenswertes zu diesen scheuen Waldbewohnern erfahren. Etwa, dass sie sich im Unterschied zu Hauskatzen nicht zähmen lassen und der als „Kuder“ bezeichnete Kater die Katzen direkt nach der Paarung verlässt. „Ein bis vier Junge bekommt die Wildkatze dann meist,“ erklärt Landau. „Doch mit viel Glück überlebt eins davon.“
„Die Tiere brauchen extrem viel Ruhe und stehen so stellvertretend für eigentlich alle Waldbewohner,“ führt die Naturführerin weiter aus. „Wenn ich mit interessierten Gästen durch die Wälder streife, dann sprechen wir zum Beispiel darüber, was Wildkatzen fressen, wie sie ihre Jungen aufziehen, welche Gefahren ihnen drohen, wie die Partnersuche abläuft oder wie man ihre Anwesenheit erkennen kann.“
Einen echten Beweis dafür kann nur die vergleichsweise kurze Darmlänge eines verstorbenen Tiers liefern – oder eine genaue genetische Analyse. Dafür gibt es an einigen Stellen Lockstöcke mit Baldrian. Reibt sich eine Wildkatze daran, hinterlässt sie Haare, die dann von Forschern untersucht werden können.
Wenn Rita Landau vor einer Naturführung morgens ihren Rucksack packt, hat sie schon einen genauen Plan für den Tagesablauf im Kopf: „Je nachdem, ob ich einen Kindergeburtstag, eine Firmenveranstaltung oder ein paar rüstige Senioren begleite, mache ich mir natürlich im Vorfeld Gedanken, was von Interesse sein könnte“, erklärt sie. „Das können Orientierungsspiele für die Kinder sein oder auch Riech-Übungen, wenn es etwa um die Wildkatze geht. Manchmal dreht es sich auch um den Wolf, der natürlich sehr stark polarisiert, um kulturgeschichtliche Inhalte, um die Vegetation und invasive Arten oder um prominente Lahntal-Besucher wie Johann Wolfgang von Goethe.“
Ganz wichtig: Landau möchte keine Vorträge halten, sondern es soll allen Spaß machen. Deshalb gibt es immer ein Picknick, eine Rast an einer Grillhütte oder eine schöne Einkehr. Oft packt sie ihren Gästen auch ein Lunch-Paket, mit regionalem Käse oder Wurst sowie einem gesunden Obst aus dem Garten. „Dieses soziale Erlebnis gehört für mich einfach dazu, und immer wieder entstehen dabei neue Freundschaften“ erzählt sie.
Wer sich für eine Naturführung anmeldet, der sollte ein paar Basics beachten: Festes Schuhwerk, wetterfeste Kleidung und ein Regen- bzw. Sonnenschutz sowie ausreichend Wasser sollten in keinem Rucksack fehlen. Für die meisten Situationen ist Rita Landau aber gewappnet: So enthält ihr Rucksack immer ein Erste-Hilfe-Set und ein Taschenmesser, ein paar Nüsse und Äpfel oder Bananen, Sonnenschutz und Warnweste, falls die Dunkelheit hereinbricht. Auch eine Schnur hat die zertifizierte Expertin meist dabei: „Die kann man immer gebrauchen im Wald – und sei es nur, wenn sich bei einem Gast die Schuhsohle löst,“ grinst sie. „Generell sind sämtliche meiner Routen aber so ausgearbeitet, dass sie auf die jeweilige Fitness ausgerichtet sind und es auch bei unvorhersehbaren Ereignissen wie Dauerregen oder kleinen Verletzungen immer einen Plan B, eine Abkürzung oder eine Möglichkeit zur Rast gibt.“
Weitere Informationen und Termine für Wanderungen finden sich hier.