Wertherjubiläum in Wetzlar – vor 250 Jahre erschien Goethes berühmtes Jugendwerk
Vor 250 Jahren erschien Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“. Dieses Jubiläum wird im Wetzlar von Anfang Juni bis zum Ende des Jahres gefeiert. Doch warum ist dieser Roman heute noch im Lahntal ein Thema? Warum ist dieser Roman Lesestoff in vielen Schulen und warum gibt es immer wieder neue Filme, die den Werther zum Thema haben? Und warum tragen 14 Vereine und Institutionen aus Wetzlar und Umgebung zu einem Jubiläumsprogramm mit über 70 Veranstaltungen bei?
Ein Roman macht Geschichte
Johann Wolfgang Goethe, ab 1782 von Goethe, gilt auch heute noch für viele als der bedeutendste deutsche Dichter. Werke wie „Der Erlkönig“, „Der Zauberlehrling“ oder „Egmont“ sind weltweit bekannt. Der „Faust“ bevölkert immer wieder die Theaterbühnen. Über Nacht berühmt wurde Goethe aber mit seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“. Es war das erste deutschsprachige literarische Werk, das über die Sprachgrenzen hinaus Erfolg hatte. Der Roman ist so besonders, dass er noch heute Schulstoff ist. Dieser Bestseller der deutschsprachigen Literatur begann mit einer Wetzlarer Geschichte: mit der Liebe des jungen Johann Wolfgang Goethe zu Charlotte Buff.
Die wahre Geschichte hinter dem Roman oder Die Leiden des jungen Goethes
Im Frühjahr 1772 fuhr Johann Wolfgang Goethe in Wetzlar mit der Kutsche ein. Die kommenden Monate, die er dort verbrachte, prägten maßgeblich seinen Werdegang. Angereist war der gerade einmal 22-Jährige für ein Praktikum am Reichskammergericht, dem seiner Zeit höchsten deutschen Gericht. Sein Vater wollte es so. Doch der Rechtspraktikant beschäftigte sich mit der „Juristerei“ nur am Rande. Lieber widmete er sich seinem literarischen Frühwerk und erkundete die Natur des Lahntals. Auf einem Ball lernte Goethe Charlotte Buff kennen. Er verliebte sich, doch die Amtmannstochter war bereits verlobt. Nach 123 ereignisreichen Tagen verließ er die „Hauptstadt des Rechts“. Seine unerwiderte Liebe zu Charlotte verarbeitete Goethe im Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“, der zwei Jahre später erschien. Mit seiner tragischen Liebesgeschichte berührte er die Menschen im 18. Jahrhundert, auch die offene Gesellschaftskritik traf den Geist der Zeit.
Veranstaltungen zum Wertherjubiläum
Die Jubiläumsfeierlichkeiten starten am Freitag, den 7. Juni 2024, im Rahmen der Nacht der Galerien. Aber schon vorher laden Vorträge, Kostümführungen und Stadtrundgänge des Rahmenprogramms zu einer Neuentdeckung des Werthers ein. Schon zu seiner Zeit berührte das Werk gerade auch junge Menschen. Deshalb haben die Veranstaltungsmacher viele Angebote für diese Zielgruppe aufgenommen: ein Werther-Rap-Workshop, Werther in Comic, Graphic Novel und Manga sind Angebote ebenso wie ein Kinderpicknick im Lottehof.
Kulturinteressierte können sich dem Thema Werther bei Vorträgen, Rundgängen und Musikveranstaltungen nähern. Kostümführungen wie „Der Geisterbeschwörer“, „Ein charmantes Scharmützel“ oder „Das doppelte Charlottchen“ greifen das Thema auf unterhaltsame Weise auf. Ein besonderes Angebot wird der „Werther“- True-crime Audio-Walk“, der in Form eines Audioguides auf der App Hearonymus den Werther als spannenden Krimi erzählt.
Einer der Veranstaltungshöhepunkte ist die Ausstellung Werther.Welten, die ab Sonntag, 8. September 2024 im Stadtmuseum zu sehen ist und die internationale Wirkung von Goethes Roman darstellt.
Altstadtrundgang, Museen und Wetzlarer Goetheweg
Auch auf eigene Faust können Wetzlarbesucher sich auf die Spuren Goethes begeben. Wer einen Rundgang durch die Altstadt unternimmt, passiert unter anderem das damalige Wohnhaus Goethes und das Gasthaus „Zum Kronprinzen“, in dem er häufig zusammen mit anderen jungen Juristen zu Mittag aß. Auch die Goethemuseen, das Lottehaus und das Jerusalemhaus, sind einen Besuch wert.
Das Lottehaus ist das ehemalige Verwaltungsgebäude des Deutschordenshofes. Es war das Elternhaus der jungen Charlotte Buff, dem Urbild der Lotte im Werther. Mit insgesamt elf Geschwistern und ihrem Vater bewohnte sie das Haus. Charlotte Buff, genannt Lotte, kümmerte sich nach dem frühen Tod ihrer Mutter um die Familie. Historische Möbel, Gemälde, Handschriften und Haushaltsgegenstände der Familie werden heute im Lottehaus ausgestellt und vermitteln einen authentischen Eindruck vom Leben in dieser Zeit.
Der Goetheweg bietet die Möglichkeit, die Pfade, die der passionierte Naturforscher im Grünen ging, nachzuwandern. In der Altstadt, direkt am Lottehaus, startet der rund 8 km lange Wetzlarer Goetheweg, auf dem man den Spuren des Dichters folgen kann. Gekennzeichnet ist der Weg mit einer Goethesilhouette.
Eindringlich beschreibt der junge Goethe in seinem Briefroman nicht nur die Liebe des Werthers zur jungen Lotte; grandios sind auch seine Naturbeschreibungen. Sie beruhen auf Goethes Wanderungen durch das Lahntal im Jahr 1772. Zitatsteine mit kurzen Passagen aus dem Werther kennzeichnen die Stellen, an die der junge Goethe beim Schreiben des Romans gedacht haben wird.
Ziel der Wanderung ist der Goetheplatz im Wetzlarer Stadtteil Garbenheim, den Johann Wolfgang Goethe bei seinem Aufenthalt in der damaligen Reichsstadt besonders gerne besucht hat und den er in seinem Roman „Wahlheim“ nannte. Zur Erinnerung an den Dichter wurde dort im Jahr 2015 ein Goethedenkmal eingeweiht. Vom Dorfplatz dort geht es wieder zurück in die Stadt.
Eine Wanderbeschreibung mit ausführlichen Zitaten aus dem Werther und Wissenswertem zu Goethes Roman ist in der Tourist-Information Wetzlar erhältlich. Die Beschreibung des Weges gibt es auch auf www.wetzlar-tourismus.de.