Kindsmord, Feuer und Kollekten – 300 Jahre Dillenburger Stadtbrand vom 14. Mai 1723

(Simon Dietrich) In der Nacht vom 14. auf den 15. Mai 1723 entstand in der Dillenburger Hintergasse eine „gräßliche Feuersbrunst“, die innerhalb weniger Stunden drei Viertel der Stadt zerstörte. Ein Großteil der damals rund 1.500 Einwohner war über Nacht nicht nur obdachlos geworden, sondern hatte zudem sämtliche Besitztümer verloren. Viele standen buchstäblich vor dem Nichts und nur dank einer aufwendig organisierten Kollekte gelang der Wiederaufbau der Stadt in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren.

2023 jährt sich die Brandkatastrophe – angeblich ausgelöst durch eine inhaftierte ‚Kindsmörderin‘ – zum 300. Mal. Anlass genug, um die bisher erst ansatzweise erforschten Zusammenhänge und Hintergründe des Ereignisses einmal genauer zu beleuchten.

Noch bis zum 30. Juli 2023 präsentieren die Oranienstadt Dillenburg und der Dillenburger Museumsverein in der Villa Grün daher eine Sonderausstellung, die anhand verschiedener Originalexponate aus Dillenburg und Umgebung einen Einblick in Lebenswelt und Denken des frühen 18. Jahrhunderts bietet. Dabei geht es um Brandschutz und Löschwesen ebenso wie um Aberglaube, Spendensammlungen und Kindsmord. Auch zur Person der angeblichen Brandstifterin liegen nun erstmals genauere Informationen vor.

Stadthistoriker Simon Dietrich, der die Ausstellung konzipiert hat, bietet im Juli spezielle Ausstellungsführungen an und lässt die Ereignisse von vor 300 Jahren greifbar werden: Samstag, den 15. Juli, um 14 Uhr und um 15:30 Uhr und Freitag, den 28. Juli, um 15:30 Uhr

Im Rahmen der Veranstaltung LichtSpiele findet am Am Freitag, den 18. August um 20 Uhr eine offene Führung statt. Simon Dietrich nimmt die Teilnehmenden auf eine ca. 30 Minuten dauernde Reise durch die Obere Hauptstraße, die Hintergasse und das Violinengässchen mit – der Bereich, in dem die verheerende Feuersbrunst ausbrach. Eine ausgeklügelte Fassadenprojektion der Lichtkünstler Pascal und Daniela Kulcsar simuliert das Brandereignis. Zwei Spielszenen von Vereinsmitgliedern des Geschichtsvereins Dillenburg e. V. spiegeln Angst, Leid und Hoffnung der Bevölkerung vor und nach dem Stadtbrand wider.

Für all diejenigen, die noch mehr über den Stadtbrand und dessen Hintergründe erfahren möchten, lohnt sich ein Blick in die Begleitpublikation des Dillenburger Stadthistorikers. Das Buch ist u.a. im wirtschaftsgeschichtlichen Museum Villa Grün erhältlich.

Ulrike Petersen