
Runder Turm, © 90 GradPotograhy/Hilger&Schneider Gbr
Runder Turm Andernach
17.08.2022 · Andernach
Beschreibung des Runden Turmes in Andernachvon Dr. Klaus Schäfer
Seit dem legendären Turmbau zu Babel geht von steil in den Himmel
aufragenden Bauwerken eine Faszination aus, der sich kaum ein Betrachter
entziehen kann - egal ob es sich um die Wolkenkratzer
des 20. Jahrhunderts, den Eiffel-Turm oder den Runden Turm in
Andernach - einem der gewaltigsten spätmittelalterlichen Wehrtürme in
Deutschland - handelt.
Türme sind und waren schon immer auch Symbole der Stärke und Macht.
Dies lässt sich auch beim Runden Turm, dem imposantesten Element der
mittelalterlichen Stadtbefestigung ausmachen. Ganz bewusst
wurde der 56 m hohe Turm an der Nordwestecke des Mauerrings,
unmittelbar am Rhein, der Hauptverkehrsader Europas errichtet. Nicht von
ungefähr wurde der Turm offensichtlich allein mit städtischen
Geldern, trotz schwieriger Finanzlage, und nicht aus kurkölnischen
Kassen des Landesherrn erbaut. Die selbstbewusste Stadtgemeinde schuf
sich ihr eigenes Wahrzeichen, das sowohl die Türme der
Pfarrkirche, wie auch den Burgfried der kurkölnischen Burg überragt.
Die hoch oben am Turm angebrachten Stadtwappen unterstreichen das
Politische dieses Bauwerkes.
Der Runde Turm besteht aus zwei Hauptbauteilen, zwei aufeinander
gestellten Türmen. Der 33 m hohe Basisturm - ein Rundturm - weist eine
bis zu 4 m mächtige Mauer auf, die weitgehend aus
Schieferbruchsteinen errichtet ist. Verbaut wurden aber auch einige
Lagen der leicht rötlichen Tuffsteine vom Steinbruch am Lascher See.
Dieser wuchtige Basisturm mit 15 m äußerem Durchmesser
findet seinen oberen Abschluss in einem vorkragenden Wehrgang mit
Wächterhaus und ist lediglich mit einem kleeblattförmigen Bogenfries aus
Tuff auf langen Stabkonsolen am Übergang zum Wehrgang
verziert. Das zweite Hauptbauteil bildet der 23 m hohe Turmteil mit
achteckigem Grundriss. Bekrönt wird der Turm von acht Dreiecksgiebeln
über einem Bogenfries, einem zeltförmigen Steinhelm und
Firstblumen aus Basalt. Innen verfügt der Basisturm über ein
Kellergeschoß und zwei weitere Geschosse mit je 5 Schussnischen zur
Rundumverteidigung. Der obere Turmteil ist in zwei weitere
Geschosse unterteilt. Über steinerne Wendeltreppen sind die
einzelnen Stockwerke zu erreichen.
Die genaue Bauzeit kennen wir nicht. Fest steht, dass der Turm im
November 1453 fertiggestellt wurde. Wann mit dem Bau begonnen worden
ist, kann nicht aufs Jahr genau ermittelt werden. Wie eine
Rechnung belegt, wurde bereits 1440 am Turm gebaut und 1442 wird
berichtet, dass der Sturm ein sicher behelfsmäßig errichtetes Dach des
Turmes beschädigt hat. Der Turm muss zu diesem Zeitpunkt
demnach schon eine gewisse Höhe gehabt haben. Auch für das Jahr 1446
ist Bautätigkeit am Turm nachgewiesen. Für die Jahre 1448 bis 1450 und
1452 bis 1453 liegen umfangreiche Bausonderrechnungen
vor, die uns einen interessanten Einblick in die Bautätigkeit am
Turm erlauben. Aus den Rechnungen erfahren wir zum Beispiel, dass auf
dem Turm zeitweilig ein Tretkran aufgeschlagen war, um die
Lasten in die Höhe zu hieven. Ferner können wir den Rechnungen
entnehmen, dass für die Tür- und Fenstersteine, wie auch für die Stufen
der Wendeltreppen und die Firstblumen Basaltsteine aus
Mendig Verwendung fanden. Die Bruchsteine wurden vom städtischen
Steinbruch am Krahnenberg geliefert und die Tuffsteine kamen aus der
Flur „Godelscheid" bei Weibern und aus den Krufter Brüchen
des Klosters Maria Laach. Für die Stadtwappen am Turm wurden 8
Tuffsteine im Jahre 1453 bei Schotten von Weir (Wehr) gekauft. Waren
etwa ursprünglich acht Wappen am Turm angebracht oder bildeten
zwei Steine ein Wappen?
Aus den Rechnungen der oben genannten fünf Jahre lassen sich Kosten
von 6130 Mark, 7 Schilling und 9 Pennig errechnen. Diese
Sonderrechnungen beginnen offensichtlich mit den Abschlussarbeiten am
Basisturm und enden mit dem Setzen der Giebelblumen zum krönenden
Abschluss.
Die 6130 Mark machen aber nicht die Gesamtkosten dieses oberen
Bauabschnitts aus, da die Rechnung des Jahres 1451 offenbar
verlorengegangen ist.
Wenn auch für die meisten Jahre der Bauzeit keine Angaben über die
verbauten Geldsummen vorliegen, so ist die Teilsumme von 6130 Mark schon
enorm, wenn man bedenkt, das der Tageslohn eines
Steinmetzen und Maurers in den Jahren 1448 bis 1450 9 Schilling (12
Schilling = 1 Mark) und der eines Handlangers 7 Schilling betrug. Diese
Taglöhne wurden ab 1452 teilweise, 1453 überhaupt um 1
Schilling gekürzt. Grund für die Reduzierung der Löhne war sicher
die angespannte Finanzsituation der Stadt. Machten die Löhne trotz der
Reduzierung doch über 38% der Kosten in den Jahren 1448
bis 1450 und 1452 bis 1453 aus.
Möglicherweise waren die Arbeiten am Turm 1451 aufgrund der
beabsichtigten Lohnherabsetzung ins Stocken geraten und deshalb keine
Sonderrechnung angelegt wurde. Die Handwerker haben vielleicht
die Arbeit verweigert und erst 1452 ist der Kompromiss zustande
gekommen. Den Löhnen seien noch einige Preise gegenübergestellt. So
kosteten im Jahre 1442 200 Heringe 6 Mark, 1449 wurden für 2
Paar Schuhe 1 Mark und 4 Schillinge bezahlt und 1432 hatten zwei in
Linz gekaufte Stiere einen Wert von 34 Mark.
Wer den Runden Turm entworfen hat, wissen wir nicht. Aus den
Baurechnungen erfahren wir immerhin, dass der städtische Werkmeister
Philipp Preudemann als Bau- und Steinmetzmeister maßgeblich am
Gelingen des Bauwerkes beteiligt gewesen ist. Als unmittelbares
Vorbild für den Andernacher Turm könnte der um 1400 errichtete
Ochsenturm in Oberwesel gedient haben, der mit 37 m Höhe aber die
Monumentalität des großen Bruders aus Andernach vermissen lässt.
Vorbilder sind ferner in Italien und Frankreich zu suchen. Mit dem Bau
des Runden Turmes in Andernach wird ein Bauwerk geschaffen,
das den Vergleich im europäischen Rahmen nicht zu scheuen braucht.
Abschließend seien noch einige wichtige Daten zur Geschichte des Turmes
zusammengestellt:
1689 :Missglückter Sprengversuch durch Truppen Ludwigs XIV.
1880 : Renovierungsarbeiten am Turm. Die erneuerten Stadtwappen werden
heraldisch falsch, nämlich senkrecht eingesetzt
1920/22 - 1935 : Jugendherberge im Runden Turm
1945 : Bei Kampfhandlungen am 8./9. März 1945 wird die Turmspitze abgeschossen
1949 - 1961 : Jugendherberge im Runden Turm
1952 : Beseitigung der Kriegsschäden am Turm. Unter anderem wird eine 3,58 m hohe und
ca. 20 Zentner schwere Kreuzblume aus Basalt auf die Turmspitze gesetzt.
1985 - 1987 : Als Baudenkmal von besonderer kultureller Bedeutung wird mit Mitteln der Stadt,
des Landes und des Bundes eine umfangreiche Restaurierung des Turms durchgeführt
2003 : 550 Jahre Runder Turm, Umfangreiche Restaurierungsarbeiten
Schnell informiert:
Veranstaltungsort
Andernach
- 01.05.2022 - 31.10.2022
- Samstag: 13:00
- Sonntag: 13:00
- Mittwoch: 17:00
Kontakt:
Marinekameradschaft Admiral Hipper e.V.
Im Runden Turm (Hochstraße 3)
56626 Andernach